Gesund und schmackhaft: Die Kreta-Diät
Pasta in allen erdenklichen Formen und Zubereitungen, Salat, mit köstlichem Olivenöl beträufelt, eine Vielfalt an frischen Gemüsesorten je nach jahreszeitlichem Angebot, hin und wieder Käse, zum Nachtisch Obst. Und heruntergespült wird das Ganze mit einem Glas Rotwein…”, so begeistert schwärmt Ancel Keys, der Initiator der Sieben-Länder- Studie, von der Mittelmeerkost.
Spätestens bei dieser Liebeserklärung an eine uralte, jahrhundertelang erprobte und bewährte Ernährungsweise wird jedem klar, daß es sich hier trotz der irreführenden Bezeichnung “Mittelmeerdiät” (oder Kreta-Diät”) keineswegs um eine “Diät” handelt, bei der man verzichten und leiden muß, sondern um eine Form von Lebensgenuß. Und da dieser Genuß obendrein auch noch gesund ist, spricht wirklich nichts dagegen, sich ihm voll und ganz hinzugeben.
Lange leben - und zwar mit Genuß
Die Mittelmeerkost unterscheidet sich von der Ernährung in Nord- und Mitteleuropa und den USA vor allem dadurch, daß sie hauptsächlich vegetarisch ist: Die Bewohner der südeuropäischen Länder nehmen weniger Fleisch, Eier und Milchprodukte und damit auch weniger gesättigte Fettsäuren zu sich. Dafür enthält ihre Nahrung reichlich Obst, Gemüse, Salat und Getreideprodukte wie Brot und Teigwaren. Die wichtigste Fettquelle ist das Olivenöl. Statt Fleisch ißt man in den Mittelmeerländern lieber öfters einmal Fisch.
Als besonders gesund gilt die Ernährung auf der Insel Kreta, seit man durch die Ergebnisse der Sieben-Länder-Studie weiß, daß die Menschen dort am längsten leben und Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis vor kurzem noch so gut wie unbekannt waren. Die Sieben-Länder-Studie brachte auch an den Tag, wodurch die “Kreta-Diät” sich von der Ernährung in den anderen Mittelmeerländern unterscheidet: Die Kreter aßen zu dem Zeitpunkt, als die Studie durchgeführt wurde, noch weniger Fleisch als die anderen Mittelmeervölker, dafür mehr Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte. Olivenöl wurde so reichlich verwendet wie sonst nirgends. Mäßige Mengen an Fisch und Alkohol rundeten den Speisezettel ab.
Das Erstaunliche dabei war: Die Kreter hatten keineswegs einen niedrigeren Gesamt- Cholesterinspiegel (und auch nicht weniger von den “bösen” LDL-Cholesterinen im Blut) als die Bewohner anderer Mittelmeerländer. Es müssen also auch noch andere Faktoren für die herzschützende Wirkung der Kreta-Diät verantwortlich sein als der HDL -cholesterinsteigernde Effekt des Olivenöls.
Der beste Schutz vor Herzinfarkt und Schlaganfall
Nicht nur das Olivenöl schützt vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen, indem es den LDL-Cholesterinspiegel senkt, freie Radikale unschädlich macht und den Blutdruck senkt. Inzwischen haben verschiedene Untersuchungen gezeigt, daß auch die mediterrane Kost insgesamt eine Schutzwirkung vor Herzinfarkt und Schlaganfall hat.
Zunächst einmal wirkt sie blutdrucksenkend: In einer in Italien durchgeführten medizinischen Studie ersetzte man die übliche Mittelmeerkost bei den Testpersonen durch eine fettreiche Nahrung, bei der vor allem der Anteil an den ungesunden gesättigten Fettsäuren sehr hoch war. Statt Getreide, Gemüse und Olivenöl bekamen die Versuchs- Personen jetzt plötzlich Fleisch, Butter, Käse und andere Milchprodukte. Das Ergebnis: Schon nach sechs Wochen war ihr Blutdruck rapide angestiegen. Als man sie dann erneut auf die gewohnte Mittelmeerkost umstellte, sank der Blutdruck ebenso rasch wieder.
Wie genau die blutdrucksenkende Wirkung der Mittelmeerdiät zustande kommt, darüber sind sich die Mediziner bisher noch nicht hundertprozentig im klaren. Mit Sicherheit wirken hier aber gleich mehrere Faktoren zusammen: zum einen das Olivenöl selbst, zum anderen das - im Vergleich zu anderen Ländern - in der Mittelmeerregion sparsam verwendete Kochsalz. Sicherlich spielt auch der hohe Anteil an pflanzlichen Nahrungs- mitteln eine Rolle. Man weiß schon seit längerem, daß Vegetarier einen niedrigeren Blutdruck haben als Menschen, die nicht nur pflanzliche, sondern auch tierische Nahrung zu sich nehmen.
Studien:
Die erste Studie, die Hinweise auf eine besonders gesunde Lebensweise auf Kreta gab, war die sogenannte „Sieben-Länder-Studie“ von Ancel Keys in den 1950er und 1960er Jahren über einen Zeitraum von 15 Jahren. Dabei wurde die Häufigkeit von Gefäß- und Krebserkrankungen in mehreren Ländern untersucht. Die geringste Krankheitsrate gab es damals auf Kreta, außerdem war die Lebenserwartung der Menschen signifikant höher. Es gab kaum Fälle von Arteriosklerose und deutlich weniger Herzinfarkte als im Durchschnitt. Laut WHO starben in den 1980er Jahren in den USA fast 40-mal mehr Menschen an Erkrankungen der Herzkranzgefäße als auf Kreta.[3] Aufgrund dieser Ergebnisse kamen Wissenschaftler zu der Überzeugung, dass die Ernährung hierfür ausschlaggebend sei, die daher in den Mittelpunkt des Interesses rückte. Vor allem dem reichlich verwendeten Olivenöl wurde gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben, da es den Cholesterinspiegel nicht erhöht.
Als weiterer Beleg für die gesundheitsfördernde Wirkung der Mittelmeer-Diät wird häufig die „Lyon Diet Heart Study“ in den 1990er Jahren genannt, bei der Herzinfarktpatienten in zwei Gruppen eingeteilt und vier Jahre lang beobachtet wurden; eine davon ernährte sich nach der Kreta-Ernährung. Als Ergebnis wurde ermittelt, dass die „Kreta-Gruppe“ weniger Reinfarkte erlitt und das kardiovaskuläre Risiko um 50 Prozent niedriger sei. Allerdings ergab diese Studie auch, dass diese Ernährungsform nicht wie erwartet den Cholesterinspiegel beeinflusste, auch nicht den Blutdruck und den Body-Mass-Index. Meistens wird auch nicht erwähnt, dass bei dieser Studie das Olivenöl teilweise durch Rapsöl ersetzt wurde, das in der Mittelmeerküche gar nicht verwendet wird. Rapsöl hat eine ganz andere Zusammensetzung als Olivenöl und enthält deutlich mehr Alpha-Linolensäure.
Im Jahr 2003 veröffentlichten Forscher der Universität Athen (Antonia Trichopoulou u.a.) Ergebnisse, bei der die aktuellen Ernährungsgewohnheiten in Griechenland und anderen Ländern in Bezug gesetzt wurden zur Sterblichkeit und zu Herzerkrankungen. Dabei wurde festgestellt, dass ausgeprägte Mittelmeer-Kost die Lebenserwartung verlängert, und zwar bei einem 60-jährigen Mann statistisch um ein Jahr.[5] Nach einer amerikanischen Studie, deren Ergebnis 2006 veröffentlicht wurde, verringert diese Kost auch signifikant das Risiko, an Alzheimer zu erkranken. Selten wird in Publikationen darauf hingewiesen, dass die griechische Studie zwar einen lebensverlängernden Effekt der Mittelmeer-Diät für Griechenland und Spanien zeigte, jedoch keinen für Menschen in Deutschland und der Niederlande, wenn sie sich gemäß dieser Kostform ernährten. Im Gegenteil starben deutsche Anhänger dieser Ernährungsweise statistisch sogar früher. Auf dieses Ergebnis wird in der Studie jedoch nicht näher eingegangen.